Stellungnahme der DGfE, ÖGfE und Schweizerischen Epilepsie-Liga zur Differenzierten Darstellung der Epilepsie nach ILAE:
Vorschlag für eine differenzierte Darstellung der Epilepsien…
Mehr erfahren| Stellungnahme
Anfang 2024 gab es Warnungen vor der Behandlung von Männern mit Valproat, dazu gibt es aktuell unverändert auch einen Rote Hand Brief.
22.11.24
Einsatz von Valproat bei Männern mit Epilepsie
Anfang 2024 gab es Warnungen vor der Behandlung von Männern mit Valproat, dazu gibt es aktuell unverändert auch einen Rote Hand Brief.
Die European Medicines Agency (EMA) hatte vor dem Hintergrund einer retrospektiven Registerstudie mit Daten aus Dänemark, Norwegen und Schweden Hinweise darauf gefunden, dass die väterliche Einnahme von Valproat in den 3 Monaten vor Empfängnis mit einem höheren Risiko für das Auftreten von neurologischen Entwicklungsstörungen bei den Nachkommen (bis zum Alter von 11 Jahren) verbunden ist als bei Vätern, die mit Lamotrigin oder Levetiracetam in Monotherapie behandelt waren.
In einer aktuellen Registerstudie aus Dänemark mit mehr als 1.300 gegenüber Valproat exponierten und mehr als 1.200.000 nicht exponierten Kindern konnte zwischen den beiden Gruppen kein signifikanter Unterschied hinsichtlich des Auftretens von anatomischen Fehlbildungen sowie – nach einem mittleren Nachuntersuchungszeitraum von mehr als 10 Jahre – von neurologischen Entwicklungsstörungen und von Autismusspektrumstörungen beobachtet werden (Christensen et al. 2024).
Eine internationale retrospektive Kohortenstudie hat gezeigt, dass die Umstellung von Valproat auf ein anderes Anfallssuppressivum bei Frauen und Männern mit Epilepsie zu folgenden signifikant erhöhten Risiken führt: Vorstellungen in Rettungsstellen, stationäre Krankenhausbehandlungen, Stürze, Verletzungen, Verbrennungen und neu aufgetretene Depressionen (Mbizvo et al. 2024).
Vor dem Hintergrund dieser Daten gibt es aktuell keine publizierten Hinweise auf ein teratogenes Risiko von Valproat, wenn Männer dieses Anfallssuppressivum in den 3 Monaten vor Zeugung eingenommen haben. Zugleich ist Valproat das am besten wirksame Anfallssuppressivum bei genetischer generalisierter Epilepsie. Wir empfehlen daher analog der Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Neurologie „Erster epileptischer Anfall und Epilepsien im Erwachsenenalter“, dass bei Frauen, bei denen eine Konzeption mit einem hohen Maß an Sicherheit ausgeschlossen werden kann, und bei Männern mit genetischer generalisierter Epilepsie und überwiegend Myoklonien und tonisch-klonischen Anfällen Valproat als Mittel der ersten Wahl eingenommen werden sollte (Holtkamp, May, et al. 2023). Bei Frauen, bei denen eine Konzeption nicht mit einem hohen Maß an Sicherheit ausgeschlossen werden kann, sollten wegen des teratogenen Risikos von Valproat bei dieser Form der Epilepsie Lamotrigin oder Levetiracetam gegeben werden.
Christensen J, Trabjerg BB, Dreier JW. Valproate use during spermatogenesis and risk to offspring. JAMA Netw Open 2024; 7: e2414709.
Holtkamp M*, May TW* (*geteilte Erstautorenschaft), Berkenfeld R, Bien CG, Coban I, Knake S, Michaelis R, Rémi J, Seeck M, Surges R, Weber Y, et al. Erster epileptischer Anfall und Epilepsien im Erwachsenenalter, S2k-Leitlinie, 2023; in: Deutsche Gesellschaft für Neurologie (Hrsg.), Leitlinien für Diagnostik und Therapie in der Neurologie. Online: www.dgn.org/leitlinien (abgerufen am 22.11.2024)
Mbizvo GK, Bucci T, Lip GYH, Marson AG. Morbidity and mortality risks associated with valproate withdrawal in young adults with epilepsy. Brain 2024; 147(10): 3.426-3.441.